Erstes grossangelegtes Forschungslabor für Geoenergie in der Schweiz: das Bedretto-Untergrundlabor

Erstes grossangelegtes Forschungslabor für Geoenergie in der Schweiz: das Bedretto-Untergrundlabor

Januar 2021 - das Bedretto-Team

Die Schweizer Energiestrategie 2050 legt den Schwerpunkt auf erneuerbare Energien, wobei unter anderem die Geothermie eine vielversprechende Ressource für die Strom- und Wärmeproduktion ist. Zu diesem Zweck hat die ETH Zürich mit Unterstützung des Schweizer Kompetenzzentrums für Energieforschung (SCCER-SoE) und weiteren Partnern das "Bedretto Underground Laboratory for Geoenergies and Geosciences" gegründet. Das Bedretto-Lab ist eine einzigartige Forschungsinfrastruktur, die darauf abzielt, Arbeitsabläufe für eine sichere, effiziente und nachhaltige Nutzung von Geoenergie zu entwickeln und zu etablieren. Es befindet sich bis zu 1500 Meter unter der Erde und ermöglicht Experimente in grösserem Massstab: von ehemals dutzenden bis heute einigen hunderten von Metern. Das Bedretto-Reservoir-Projekt ist ein Folgeprojekt des erfolgreichen Grimsel-Projekts zur In-situ-Stimulation und -Zirkulation (ISC). Es ist derzeit das grösste Projekt des Bedretto-Labors.

 

Das Bedretto-Labor befindet sich 1500 Meter unter der Oberfläche in der Mitte eines 5,2 Kilometer langen Tunnels, der das Tessin mit dem Furkatunnel verbindet. Dieser seither stillgelegte Tunnel der Matterhorn-Gotthard-Bahn erwies sich aufgrund seiner Geologie und Zugänglichkeit als geeigneter Standort für ein solches Forschungslabor. Das Departement für Erdwissenschaften der ETH Zürich richtete das Bedretto-Lab mit Unterstützung des Schweizer Kompetenzzentrums für Energieforschung (SCCER-SoE) ein.

Die Forschung im Bedretto-Labor soll zeigen, dass es möglich ist, einen nachhaltigen Wärmetauscher mit hydraulischen Stimulationsprozessen über mehrere Jahrzehnte zu planen, konstruieren und steuern. Geothermische Energie ist neben anderen erneuerbaren Energien eine vielversprechende Ressource für die Strom- und Wärmeproduktion. Sie nutzt die enorme Wärmeenergie im tiefen Untergrund. Zu diesem Zweck wird kaltes Wasser mit hohem Druck in das Gestein injiziert, wo es sich erwärmt, bevor es wieder an die Oberfläche gepumpt wird. In der Schweiz erhöht sich die Temperatur für jeden Kilometer unter der Erdoberfläche um rund 30 °C. Um diese Energie zu nutzen, müssen Gesteinsstrukturen mit Temperaturen von mindestens 180 bis 200 °C in 4 bis 5 Kilometern Tiefe erschlossen werden.

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Messungen während des Bohrens (ETH Zurich, 2019).

Ausgezeichnete Bedingungen an einem einzigartigen Standort

Dank seiner Lage bietet das Bedretto-Labor einen wichtigen Fortschritt für die Erforschung von bestehenden Konzepten in einer Umgebung, welche die Bedingungen im tiefen Untergrund so nah wie möglich widerspiegelt. Das Deckgebirge von 1000 bis 1500 Metern über dem Labor simuliert die Druckbedingungen im relevanten Tiefen für ein geothermisches Reservoir. Ebenso wichtig ist, dass das Bedretto-Labor die Validierung der Ergebnisse früherer Experimente, die in anderen Laboren - wie z.B. im Grimsel - durchgeführt wurden, in einem grösseren Massstab ermöglicht. Ein grösserer Stimulationsmassstab impliziert längere Bohrlöcher, die es den Forschenden ermöglichen, realistischere Experimente durchzuführen und andere Stimulationskonzepte anzuwenden.

Das Bedretto-Reservoir-Projekt und seine Forschungsfragen

Ähnlich wie das ISC-Projekt Grimsel wird das Bedretto-Reservoir-Projekt in-situ Stimulationstests durchführen und dabei die hydroseismo-mechanischen Parameter mit hoher räumlicher Auflösung überwachen. Basierend auf den Erfahrungen und Erkenntnissen aus früheren Experimenten, z.B. im Grimsel, werden sich die Forschenden mit den folgenden Fragen befassen:

  • Angemessene Stimulationskonzepte zur Erhöhung der Permeabilität um Zehnerpotenzen bei gleichzeitiger Minimierung der induzierten Seismizität
  • Beziehungen zwischen der hydro-mechanischen Reaktion, dem Stimulationskonzept, der Schaffung von Permeabilität, der effektiven Porosität und der induzierten Seismizität
  • Entwicklung der Übergangszone in Bezug auf das Injektionsvolumen im Laufe der Zeit
  • Wärmetauscher-Eigenschaften des Reservoirs
  • Identifizierung der Entstehungsprozesse seismischer Ereignisse und deren Zusammenhang mit der Reservoirstimulation.

Das Bedretto-Reservoir-Projekt umfasst drei Teilprojekte mit ergänzenden Zielen, die darauf abzielen, Nachweise für die Entwicklung von grossen Tiefenreservoirs für die Zirkulation von Wasser und die Speicherung und Gewinnung von geothermischer Energie zu erbringen:

  1. VALTER (Validierung von Technologien für das Reservoir Engineering), finanziert durch das Bundesamt für Energie (BFE) (Leitung ETHZ / SCCER-SoE)
  2. DESTRESS (Demonstration sanfter Stimulationsbehandlungen geothermischer Reserven, Leitung Geo-Energie Suisse), ein von der EU finanziertes Horizon-2020-Projekt
  3. ZoDrEx (Zonal Isolation, Drilling and Exploitation of EGS Projects, Leitung Geo-Energie Suisse), finanziert durch die EU-Initiative Geothermica - Era Net

VALTER und DESTRESS befassen sich mit der Demonstration und Optimierung von Stimulationen für grosse Gesteinsvolumen im Zusammenhang mit der Flüssigkeitszirkulation in signifikanten Mengen bei gleichzeitiger Minimierung von Umweltauswirkungen wie seismischen Ereignissen oder der Verschmutzung von Grundwasserreservoirs. Zo-DrEx konzentriert sich auf die Leistung von zonalen Isolierungstechnologien und ihre potentielle Bedeutung während der Stimulation sowie auf die flüssigkeitsbetriebene Perkussionsbohrmethode in Bohrlöchern mit stark abweichenden Trajektorien zur Verbesserung der Bohreffizienz in kristallinem Gestein.

Für die Überwachung sämtlicher Experimente etabliert die ETH ein ausgeklügeltes Monitoring, einschliesslich der Überwachung der induzierten Seismizität auf der Pico- und Mikroskala, der Dehnungsüberwachung sowie der Druck-, Neigungs- und geochemischen Überwachung.

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Bohrloch während der Bauphase. © Werner Siemens-Stiftung, 2019 (Bild: Felix Wey).

Zeitplan und Finanzierung

Die ETH Zürich hat das Bedretto-Labor im Mai 2019 eingeweiht. Erste Forschungs-Charakterisierungsexperimente begannen im Frühjahr 2019, während für 2020 mehrstufige Stimulationsexperimente geplant sind. Die Finanzierung der Projekte erfolgt durch den SNF, das Bundesamt für Energie BFE, die Europäische Union und Industriepartner. Das Labor wird finanziert von der ETH und von Beiträgen der Werner Siemens-Stiftung und vom Bundesamt für Energie.

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Autoren

Ein multidisziplinäres Team aus mehreren Gruppen des Departements Erdwissenschaften bildet das Kompetenzzentrum für diese ehrgeizige Forschung. Das Team ist eng mit SCCER-SoE-Partnern in Lausanne und Neuenburg verbunden.

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